Vergifteter Advent

Stuttgarter Kurzkrimi mit Herz und Humor als Hörbuch zum Download und auf CD sowie als Taschenbuch/ E-Book, exklusiv bei Amazon.

 

Inhalt:

Menschen strömen zum Stuttgarter Weihnachtsmarkt. Unter ihnen: Einer gegen seinen Willen, einer mit einem mörderischen Plan und eine junge Frau voller Vorfreude. Beim Stand von Weihnachtsmann & Co. kreuzen sich alle Wege. Wird es dem gewitzten Oberkommissar Schäfer und seinem jungen Kollegen Florian Henning gelingen, ein Attentat zu vereiteln? Und was hat S21 damit zu tun und die illegale Organisation Der süße Kuss?

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1. Kapitel Vergifteter Advent
Gelesen von Frank Stöckle
VergifteterAdvent01.mp3
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Leseprobe

1. Kapitel:
 
Die Bromstetters   

 Von vereinzelten Plätzen tönte Horst und Erna Bromstetter hämischer Beifall entgegen, als sie, leicht außer Atem, den Bus bestiegen. Es war 12.04 Uhr. Die Reiseleiterin seufzte leise und machte die beiden letzten Häkchen auf ihrer Namensliste.

Erna ging mit beschämt gesenktem Blick und gerötetem Gesicht zu den zwei leeren Plätzen in der letzten Reihe. Horst Bromstetter nahm den Ärger der Reiseteilnehmer ungerührt zur Kenntnis.

Der Fahrer startete den Motor. Die Reisegruppe brach endlich auf zum Stuttgarter Weihnachtsmarkt.

Die Verspätung war Ernas Schweinelende geschuldet. Genaugenommen dem Vesperbrot, das Bromstetter buchstäblich in letzter Minute von ihr belegt haben wollte. Natürlich musste eine dicke Scheibe der Schweinelende vom Vorabend darauf gepackt werden!

Das Vesperbrot war die Bedingung gewesen, damit er Erna auf den Weihnachtsmarkt nach Stuttgart begleitete. Vesper und später Glühwein satt. Wer wusste denn, ob er dort was Ordentliches zu essen bekam. Für Bromstetter war sein Heidelberger Weihnachtsmarkt der einzig Wahre. Aber Erna musste natürlich unbedingt nach Stuttgart fahren.

„Endlich mal was Neues erleben“, hatte sie entzückt gerufen, als sie die Anzeige im Heidelberger Boten entdeckt hatte. „Das Angebot ist ja unschlagbar günstig!“

Nun gut, so war‘s nun mal, beendete Bromstetter seinen Gedankengang und verspeiste genüsslich wenige Minuten nach  Abfahrt sein Brot, um gleich darauf in einen tiefen, satten Schlaf zu fallen, gemütlich begleitet vom leichten Schwanken des Busses und dem Geplapper seiner Frau mit deren Sitznachbarin.

Bromstetter wachte erst wieder auf, als der Bus zum Stehen kam und hörte gerade noch die letzten Worte der Reiseleiterin: „Wir kommen nun endlich zum Stuttgarter Weihnachtsmarkt, der übrigens 1692 das erste Mal urkundlich erwähnt wurde. Wie ich Ihnen vorhin schon erzählt habe, gehört der Stuttgarter Weihnachtsmarkt zu den größten und ältesten in ganz Europa. Sie haben also allen Grund, sich auf den Nachmittag zu freuen. Es ist jetzt genau 14 Uhr. Ich warte hier um Punkt 17 Uhr auf Sie. Seien Sie bitte wirklich pünktlich. Auch das Ehepaar Bromstetter!“

 

Erna wurde wieder rot und schaute angestrengt aus dem Fenster.

 

„Zu Ihrer Erklärung. Wir müssen genau um 17 Uhr hier abfahren, weil eine große Stuttgart 21 Demonstration angekündigt ist. Wenn wir nicht pünktlich loskommen, haben wir wegen der ganzen Sperren bis 22 Uhr keine Abfahrmöglichkeit mehr. Viel Spaß also und bis um fünf!“

Statt auszusteigen, fragte Erna die Reiseleiterin interessiert nach dem Stand des Bahnprojekts, von dem sie in Heidelberg nicht allzu viel mitbekommen hatte.

Die anderen Reisenden drängten sich an ihnen vorbei. Erna hörte nicht auf zu reden: Ob es denn stimme, dass es Verletzte gegeben habe und ob die alten Bäume im Park wirklich alle gefällt werden müssten.

Der Bus war leer. Die Reiseleiterin schaute sehnsüchtig auf die geöffnete Tür. Der Busfahrer trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum.

Auch Bromstetter war es langsam leid. Er wusste, Erna würde nie ein Ende finden, wenn sie erst mal ein Opfer in der Mangel hatte.

„Erna, jetzt reiß dich halt mal los. Die arme Frau will sicher auch mal ne` Pause machen! Kannst ja nachher in aller Ruhe fragen, wenn wir wieder im Bus sitzen. Was is‘ denn jetzt mit dem Glühwein?“

Er stieg brummelnd aus, „Als ob unser Weihnachtsmarkt nicht reichen würde!“

Erna rief der Reiseleiterin ein hastiges, „Bis später“, zu und eilte ihrem Mann hinterher. Sie wusste ja, dass die Redelust manchmal mit ihr durchging. Sie hakte sich bei ihm unter.

„Du hast ja Recht!Komm, wir gehen zum Stand von „Weihnachtsmann & Co.“, dort soll es den besten Glühwein geben!“, sagte sie besänftigend und im Stillen dankbar, weil er ihr zuliebe mitgekommen war, obwohl er lieber zu Hause auf dem Sofa sitzen würde. Sie liebte diese Busreisen, die sie mal raus aus Heidelberg brachten. Und zum Schluss kam er ja doch immer mit. Ach, er war schon ganz in Ordnung, ihr Horst, dachte sie zufrieden.

Bromstetterwar überrascht, dass seine Frau so schnell einlenkte. Musste wohl doch was dran sein, an der vielzitierten friedlichen Adventsstimmung. Na, er hatte nichts dagegen…

Der Glühwein schmeckte prima, und nach dem zweiten Glas hörte er Ernas aufgeregte Stimme, die schon wieder jemanden ins Gespräch verwickelt hatte, nur noch wie durch Watte, was sehr angenehm war. So würden die drei Stunden womöglich schneller herum sein, als ihm lieb wäre, dachte er, während er sich eine Rote Wurst bestellte und genüsslich hineinbiss. Schmeckte doch alles gar nicht so schlecht in Stuttgart!

„Weißt du, wer heute hier sein soll?“, fragte Erna. „Ist ja schon überraschend viel Polizei unterwegs. Meinst du nicht? Ob das auch was mit dem Bahnhof zu tun hat?“

„Nee, weiß ich nicht. Du hörst doch schließlich immer zu, wenn was erzählt wird. Irgendjemand Wichtiges wird`s schon sein. Sonst würden die sicher nicht so ‘n Aufheben drum machen“, brummte Bromstetter zwischen zwei Bissen. 

„Ach, ist ja auch egal“, sagte Erna, obwohl sie schon liebend gern gewusst hätte, welche wichtige Persönlichkeit erwartet wurde. „Lass uns noch ein bisschen herumlaufen. Schau doch mal, die Dächer der Buden sind wirklich besonders hübsch hier.“

„Was immer mein Frauchen wünscht!“, erwiderte Horst leicht beschwipst. 

Erna nahm ihn wie einen kleinen Jungen an die Hand und zog ihn die nächsten Stunden mit sich.

Bromstetters Laune war prächtig. Die Idee seiner Frau, mal einen anderen Weihnachtsmarkt zu besuchen, schien ihm im Nachhinein doch prima...

An einer anderen Bude gönnte Erna ihrem Mann einen weiteren Glühwein.

„Das können wir jetzt ruhig öfter machen, Erna!“, sagte Bromstetter, legte seiner Frau  den Arm um die Schultern und drückte sie innig.

Erna wurde wieder rot, diesmal wegen der öffentlichen Gunstbezeugung. Sie sah auf die Uhr, stellte fest, dass es schon kurz vor fünf war und drängte zum Aufbruch. „Wir dürfen dieses Mal auf keinen Fall zu spät kommen! Du hast doch die Reiseleiterin gehört!“

Die drei Gläser Glühwein, die Bromstetter intus hatte, forderten nun allerdings ihren Tribut. Er ließ seine Frau einfach stehen und machte sich hastig auf die Suche nach einer öffentlichen Toilette.

„Wo willst du denn jetzt noch hin? Ich möchte nicht wieder von der hämisch klatschenden Alten in der ersten Reihe begrüßt werden, wie heute Mittag. Also wirklich, Horst, immer das Gleiche mit dir!“

Ihre Worte gingen in resigniertes Murmeln über, sie wusste, dass sie ihren Mann in diesem Fall sowieso nicht aufhalten konnte.

Als Bromstetter auf dem Rückweg die Straße überquerte, konnte er gerade noch einem silbernen Golf ausweichen. Er sprang ärgerlich auf die Seite und zeigte dem Fahrer einen Vogel.

„Wo bleibst du denn, Horst? Die fahren wirklich noch ohne uns ab!“, rief Erna ihm entgegen. „Diesmal werden Sie nicht warten!“

„Eile mit Weile, Erna! Hast du mitbekommen, wie mich der Golf fast über den Haufen gefahren hat? Ich glaube, der hat nicht mal bemerkt, dass ich vor ihm stand. Der ist bestimmt betrunken.“

„Ach, du übertreibst doch wieder. Jetzt komm endlich!“

Das Paar lief weiter in Richtung Bushaltestelle.  

Da hörten sie scharfes Bremsen, dicht gefolgt von einem lauten Krach...

 

***


Oberkommissar Schäfer

 

Auf dem Polizeirevier 9 in Stuttgart-Untertürkheim schwelgte Oberkommissar Schäfer in Tagträumen von einer Weltreise, die er sich in ein paar Jahren von seinen Ersparnissen leisten wollte. Er lehnte sich weit im Stuhl zurück und vor seinem geistigen Auge sah er sich am Strand von Honolulu einen Cocktail mit Schirmchen in der Hand und einen Blumenkranz um den Hals… Das Telefonklingeln holte ihn unsanft zurück in das Polizeirevier. Es war 16 Uhr. Der friedliche Nachmittag war wohl vorbei.

„Schäfer hier, wer da?“, bellte der Oberkommissar ins Telefon.

Das Freizeichen ertönte. Der Kommissar legte kopfschüttelnd auf.

Jürgen Schäfer wollte einfach nicht einsehen, dass seine Begrüßung die Anrufer verunsicherte. Es war nicht das erste Mal, dass ein Anrufer gleich wieder auflegte, wenn er ans Telefon ging. Sein Vorgesetzter hatte ihn vor Jahren deswegen in einen Doppelkurs geschickt: „Wie telefoniere ich korrekt?“ und „Hochdeutsch für Anfänger“. Aber in beiden Kursen blieben die Erfolge aus, wenn auch die Lehrerin sich wirklich viel Mühe mit ihm gegeben hatte. Jetzt war er mit seinem Schwäbisch soweit gekommen, dann musste er es auch nicht mehr ändern. Und ein guter Polizist zeichnete sich schließlich nicht durch Hochdeutsch, sondern durch Spürsinn und Erfahrung aus, dachte Schäfer selbstbewusst.

Es klingelte wieder.

„Hier ischt Oberkommissar Schäfer, mit wem hab ich die Ähre zu sprechen?“

Jetzt konnte ihm wirklich keiner vorwerfen, er wäre nicht höflich.

„HierStaatsanwaltschaft Bielefeld. Sie müssen sofort jemanden zum Weihnachtsmarkt schicken!“

„Mooment, wer spricht denn da?“

„Staatsanwaltschaft Bielefeld, Rademacher. Wir haben nicht viel Zeit, aber ganz schnell die Fakten: Wir sind seit Jahren hinter ‚Suavisaviatio‘ her - abgekürzt ‚Suavi‘!“

„Sua-was?“

„Suavi, das ist lateinisch. Ausgesprochen und übersetzt heißt das „Süßer Kuss“. Das ist eine illegale Organisation zur Sterbehilfe.